Wulff Zytsch alias Wulff Wultskhu

In dem Artikel über Hohenelbe in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts haben wir viele Namen der ältesten bekannten Untertanen in der Herrschaft Hohenelbe erwähnt. Die frühesten Quellenangaben sprechen direkt in Hohenelbe über den Richter Matouš und den herrschaftlichen Beamten David Černý (erwähnt im Jahre 1489), Troskovec und Kvačala (1502), später Prokl, den Gastwirt Šimon, seinen Bruder Jiřík, Vlček und Matějíček, der in einem Streit zwischen dem ehemaligen Herrschaftsbesitzer Kordula von Sloupno und Kunát Vlček von Kvítkov um Kühe und Getreide aussagte (1524).
Einige der genannten Untertanen finden sich auch in den ältesten Stadtbüchern von Hohenelbe, die im Jahr 1536 beginnen und in deutscher Sprache verfasst sind. Es geht um Šimek (Alte Schimckho), Prokl (Alte Prockell) und Vlček (Wultskhu). Natürlich wissen wir nicht mit Sicherheit, ob es sich um dieselben Personen handelt, aber die phonetische Übereinstimmung zwischen der deutschen und der tschechischen Schreibweise der Namen spricht dafür.
In diesem Beitrag möchte ich die Informationen vorstellen, die ich über die letztgenannte Person gefunden habe, nämlich den Bauern Wulff Wultskhu. Obwohl dieser Bauer durch seinen Reichtum und seine Stellung aus dem Rahmen fiel, hatte ich keinen besonderen Grund, ihn auszuwählen. Aus genealogischer Sicht wollte ich vor allem methodisch prüfen, wie viele Informationen über eine bestimmte Person – in dieser ältesten in den Quellen verzeichneten Zeitspanne – aus den Büchern zu entnehmen sind.
Wulff Wultskhu war höchstwahrscheinlich nur ein Spitzname, der richtige Name dieses Bauern war Wulff Zytsch, und in einem Fall wird er auch als Alde Wilfko aufgeführt. Er wurde wahrscheinlich um 1490 geboren. Leider kennen wir weder seinen Geburtsort noch seine Eltern oder seine Frau. Der Familienname Zytsch (auch Zysch, Zetsch, Zyß, später auch Czetsch, Tzetsch usw.) war zu dieser Zeit in Hohenelbe sehr verbreitet, so dass es möglich ist, dass einer seiner Träger in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein Bruder von Wulff Zytsch gewesen sein könnte. Im nördlichen Teil des Dorfes Hohenelbe, d.h. in den Schmalzgruben, lebte Jakob, im unteren Teil Simon, Andres und Jorge. Alle von ihnen waren Bauern. Der Ursprung des Nachnamens Zytsch ist nicht ganz klar. Er könnte z.B. vom deutschen "Zischmenmacher" (Hersteller von leichten Reitstiefeln) oder "zischen", aber auch z.B. von den tschechischen Familiennamen "Čeč" oder "Číš" abgeleitet sein. Dieser Familienname verschwand in den folgenden Jahrhunderten in Hohenelbe nicht ganz, aber er war nicht annähernd so häufig wie in der hier betrachteten Zeit. Später war er fast ausschließlich Tschetsch oder Czetsch.
In den Quellen habe ich zwei Kinder von Wullf Wultskhu gefunden, die beide um 1515 geboren wurden. Die Tochter Barbara heiratete um 1540 Jorge Strauss, einen Ratsherrn von Hohenelbe und in späteren Jahren auch Bürgermeister. Sohn Phillip Zytsch war ebenfalls Bauer und gehörte ab 1551 dem Stadtrat an, 1565 wurde Phillip sogar zum Bürgermeister ernannt. Wulff Wultskhu selbst war ebenfalls Ratsmitglied, und zwar in den Jahren 1538, 1539 und 1540. Im Jahr 1541 diente er als Ältester. Er wurde offenbar sehr alt, denn noch 1565 ließ er im Stadtbuch vermerken, dass sein Sohn Phillip ihm kein Geld schuldete. Sein genaues Todesjahr kennen wir jedoch nicht.
Ich habe nicht herausgefunden, ob Wulff Wultskhu persönlich an einem in den Stadtbüchern verzeichneten Rechtsstreit beteiligt war. Schauen wir uns also die von ihm getätigten Geschäfte an. In allen gefundenen Transaktionen ist er nur als Verkäufer aufgeführt. Das bedeutet also, dass er vor der Führung der Stadtbücher, d. h. vor 1536, in den Besitz seines recht großen Besitzes kam. Alle Marktgeschäfte befinden sich im nördlichen Teil von Hohenelbe (oberhalb der Kirche), wo Wulff Wultskhu wohnte.
Die erste Transaktion wurde nicht in den Büchern festgehalten, aber die oben erwähnte Notiz von 1565 bezieht sich darauf. Wulff Wultskhu verkaufte die Wirtschaft an seinen Sohn Phillip und dies scheint um 1540 geschehen zu sein. Leider konnte ich diese Wirtschaft nicht genau lokalisieren, aber sicher ist, dass sie im nördlichen Teil des Dorfes lag.
Im Jahr 1542 verkaufte Wulff Wultskhu seinem Schwiegersohn Jorge Strauss ein Haus oberhalb der Kirche, gegenüber von Merten Hackhell, mit allen Rechten und Zugehörigkeiten. Der Preis wurde auf 48 Schock meißnisch Groschen (im Folgenden nur "Schock") festgesetzt, die der Käufer bezahlte. Interessant an diesem Geschäft ist die Bedingung, dass der Käufer, wenn er das Haus in Zukunft verkaufen wollte, es zuerst seinem Schwiegervater anbieten sollte.
Im Jahr 1549 verkaufte Wulff Wultskhu das Bauerngut in Schmalzgruben an Valten Lauer. Das war das Gut mit der späteren Nr. 141 (nach der sogenannten alten Nummerierung zwischen 1770-1805). Es handelte sich um ein Gut am östlichen Elbufer, an der Grenze zwischen dem nördlichen und südlichen Teil des Dorfes Hohenelbe (d.h. an der Grenze zwischen Ober- und Nieder Hohenelbe). Der Preis wurde auf 130 Schock festgesetzt, das Angeld betrug 30 Schock. Zum Verkauf gehörten u. a. zwei Pferde mit Geschirr, zwei Kühe, ein Hahn mit zehn Hennen und verschiedene Geräte, darunter zwei komplette Gespanne. Der Kauf wurde im Jahr 1561 abbezahlt. Es war das teuerste Gut in Schmalzgruben und das einzige, bei dem ich zwei Gespanne gefunden habe.
Im Jahr 1552 verkaufte Wulff Wultskhu das Haus und den Garten, die sich die Straße hinauf, neben den Gärten von Michel Thomas und Gabriel Hübener befanden, an seinen Schwiegersohn Jorge Strauss für 33 Schock, mit einem Angeld von vier Schock. Der Rest des Kaufpreises wurde im folgenden Jahr gezahlt. Die Einrichtung des Hauses wird bei diesem Kauf nicht erwähnt.
Dies sind alle Informationen, die ich über einen der ältesten bekannten Untertanen von Hohenelbe herausgefunden habe. Vielleicht ist sich jeder Ahnenforscher der Tatsache bewusst, dass das Aussehen oder die Charaktereigenschaften der Vorfahren nur in sehr seltenen Fällen (z.B. bei Spitznamen) aus den Quellen herausgelesen werden können. Die festgestellten Informationen könnten besonders für diejenigen nützlich sein, die einen Vorfahren mit dem Nachnamen Tschetsch oder Czetsch in ihrem Stammbaum haben.
Die Ergebnisse des Studiums der ältesten Stadtbücher von Hohenelbe, die meine Kollegen und ich in dem oben genannten Artikel vorgestellt haben, führen mich zu dem Gedanken, dass zumindest in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Besitz und der Anteil an der Entscheidungsfindung in der Stadt auf viel weniger Personen konzentriert waren als in der jüngeren Zeit. Es waren nicht nur der herrschaftlichen Beamten, sondern auch einige Bauern und ihre Familien. Wulff Wultskhu war einer von ihnen. Auch die sozialen Unterschiede unter den Untertanen waren aus diesem Grund wahrscheinlich viel größer als in späteren Jahrhunderten. Diese Arbeitshypothese müsste noch genau überprüft werden.
Michal Šulc (Übersetzung mit großer Hilfe von Jürgen Stapf)